Ist Tragen schädlich für mein Kind?

Ein Gastbeitrag von Dennis Gülden & Manuela Lommen 

Praxis Körperhafen - Physiotherapie/Osteopathie/Familienbegleitung

Informationen und Hintergründe zum Thema Tragen aus physiotherapeutischer und osteopathischer Sicht und aus dem Blickwinkel als Eltern von zusammen fünf Kindern.

  • Ist Tragen schädlich für mein Kind?!
  • Das kann doch gar nicht gesund sein für Dein Baby!?
  • Dein Baby bekommt einen krummen Rücken oder Probleme mit seiner Hüfte!
  • Du verwöhnst Dein Baby mit dem ständigen tragen!
  • Dein Baby bekommt doch gar nicht richtig Luft!?
  • Du machst Dir Deinen eigenen Rücken noch kaputt!?
  • Dein Kind kann ja gar nichts sehen!?
  • Das ist doch viel zu warm/kalt für Dein Baby!?
  • Wenn Du dein Kind immer trägst wird es ja nie laufen lernen!?
  • Babys müssen auch mal lernen alleine zu sein!?
  • Mit Kinderwagen ist es doch viel praktischer!?

 

...sicher hast Du die eine oder andere dieser Aussagen schon mal gehört oder Dir die eine oder andere Frage vielleicht sogar schon mal selbst gestellt.

Wusstest Du, dass die Erfindung des Kinderwagens kaum 100 Jahre her ist? Und der Kinderwagen wurde nicht erfunden, weil diese Transportmöglichkeit unseres Nachwuchses so viel praktischer gewesen wäre oder gar aus physiotherapeutischer oder osteopathischer Sicht so viel besser für die körperliche Entwicklung des Säuglings ist. Nein, der Kinderwagen war ein Hilfsmittel der Ammen, die oft mehrere Kinder zu versorgen hatten und vor allem auch eine gewisse Distanz zu eben diesen Kindern aufrecht erhalten sollten. Tragen schafft Nähe und Sicherheit, dies war dort nicht erwünscht. Wer eine Amme beschäftigte, war gut situiert und so begann der Siegeszug des Kinderwagens, als Art Statussymbol und ist heute in unserer westlichen Welt kaum mehr weg zu denken.

Dabei sind Menschenbabys von Natur aus Traglinge.

Als Tragling bezeichnet man Säugetiere (Säuglinge), die regelmäßig von Ihren Eltern herum getragen werden, da ihnen naturgemäß die Fähigkeit fehlt allein zu sein und ihre Gliedmaßen noch nicht zur selbstständigen Fortbewegung geeignet sind, jedoch das Festklammern umso besser funktioniert.

Wenn Du Dein Baby hoch nimmst, hast Du vielleicht schon einmal festgestellt, dass es reflexartig seine Beinchen anzieht, man nennt das: Anhock-Spreizhaltung... dies dient zum Festklammern der mütterlichen Hüfte.

Der Klammer-Reflex (Moro-Reflex) an Händchen und Füßchen ist ebenfalls (noch) vorhanden. Allerdings inzwischen zu schwach, als das ein Kind sein Gewicht damit dauerhaft halten könnte. Auch fehlt uns mittlerweile (glücklicherweise) die Körperbehaarung dazu.

Also behelfen wir uns seit Jahrhunderten mit den verschiedensten Tragehilfen, um unsere Kinder umher zu tragen. Und da waren der Fantasie sicher oft keine Grenzen gesetzt. Heute wissen wir viel mehr über anatomisch korrektes Tragen und über die Vorteile des richtigen Tragens aus fachlicher Sicht.

  • Die kindliche Wirbelsäule sieht noch etwas anders aus, als dies bei einem Erwachsenen der Fall ist. Bei Neugeborenen fehlen noch die so genannten Lordosen, diese finden wir im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule. Die Brustwirbelsäule und der Bereich am Kreuzbein wird als Kyphose bezeichnet. Diese Kyphosen sind es, die den Rücken eher „rund„ erscheinen lassen und diese Position ist es auch, welche die Kinder beim Tragen haben sollten - einen eher runden Rücken.
  • Diese Haltung kommt der natürlichen Form der Wirbelsäule zu Beginn am nächsten.
  • Die Kinder entspannen in dieser Haltung, reduzieren Stressreflexe und steuern damit den beruhigenden Teil des Nervensystems, den Parasympathikus an. Dieser ist zuständig für Regeneration, Verdauung und Schlaf, also all das, was bei den kleinen „funktionieren“ soll.
  • Das Tragen am Körper bietet Schutz und verstärkt das Vertrauen zu den Eltern.
  • „Überschießende„ Reflexe und Stressreaktionen werden gehemmt.
  • Durch die weitergeleiteten mehrdimensionalen Bewegungen werden alle Sinnesorgane des Kindes positiv angesprochen.
  • Tragekinder sind in der Regel häufiger entspannt und bessere Schläfer, wobei es in den ersten 2 Jahren keinen Schlafrhythmus gibt und dies ist auch normal (mehr zumThema Schlaf in den nächsten Beiträgen)

Warum möchte mein Kind nicht in die Trage oder ins Tragetuch?

Diese Frage hören wir sehr häufig in unserem Praxis - und Beratungsalltag.

Viele Kinder haben eher die Tendenz sich zu überstrecken, den Rücken oder den ganzen Körper steif zu machen und den Kopf weit nach hinten in den Nacken zu legen. Ursächlich dafür sind sehr häufig Blockaden, Bewegungseinschränkungen in der Wirbelsäule oder im Becken der Kinder, oft einhergehend mit Schlaf- und Trinkproblemen.

Diese Auffälligkeiten sind in der Praxis an der Tagesordnung und lassen sich durch gezielte osteopathische Behandlungen und physiotherapeutische Begleitung aber gut korrigieren und behandeln und durch das richtige Tragetuch oder Tragesystem weiter stabilisieren.

Dies sind nur einige Beispiele aus der Praxis und dem Leben als Eltern. Ihr werdet hier nun zukünftig regelmäßig Beiträge zu verschiedenen Themen finden.

Und so können wir die Vorzüge des Tragens bezogen auf die Bedürfnisse und Lebensphasen eines Kindes umso besser nutzen und verstehen.

 

Dennis Gülden & Manuela Lommen

Praxis Körperhafen - Physiotherapie/Osteopathie/Familienbegleitung

 

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